Grenzen zum Göttlichen
Gott machte eine Statue aus Ton.
Er formte den Ton nach seinem Bilde.
Er wollte, dass die Seele in diese Statue eingehe.
Aber die Seele wollte nicht gefangen sein, denn es liegt in ihrer Natur, dass sie fliegend ist und frei. Sie will nicht begrenzt und gebunden sein. Der Körper ist ein Gefängnis und die Seele wollte dieses Gefängnis nicht betreten.
Da bat Gott seine Engel Musik zu spielen.
Und als die Engel spielten, wurde die Seele ekstatisch bewegt und in dieser Ekstase, um die Musik noch klarer und unmittelbarer zu erfahren, betrat sie den Körper aus Ton und toter Materie.
Hafiz sagt, die Leute sagen, dass die Seele, als sie dieses Lied hörte, den Körper betrat. Aber in Wirklichkeit war die Seele selbst das Lied.
(Alte persische Sage gesprochen von Joachim-Ernst Berendt, Quelle: Radiosendung (zweiteilige Hörsoiree) Nada Brahma - die Welt ist Klang von Joachim-Ernst Berendt, ausgestrahlt am 28. November 1981 vom Südwestfunk)
Diese Zeilen beinhalten noch einen weiteren Aspekt. Neben der Vorstellung, dass unsere Seele den Körper aus Ton und toter Materie betrat, sich in also Begrenzung begibt, um das Lied des Lebens zu hören, wirft diese wundervolle Sage eine wichtige Frage auf:
Warum tat ER es? Warum formte Gott eine Statue aus Ton?
Weil er zuschauen wollte?
Weil er sehen wollte, was daraus wird?
Weil er es selbst miterleben wollte, so wie wir Menschen das inzwischen auch schon tu
Im Jahre 2003 schickte die NASA im Rahmen eines Mars-Erkundungsprogramms zwei Roboter-Fahrzeuge auf die Oberfläche des roten Planeten. Der eine Rover, namens MER-B / Opportunity sendete bis vor kurzem noch Bilder von der Oberfläche zu uns hier auf die Erde, und er ist zurzeit nicht der einzige. Wir können an seinem Sehen teilhaben und die Mars-Oberfläche hier unten auf der Erde miterleben.
Opportunitys Erleben ist unser Erleben.
Meister Eckhart6), der große, deutsche Kirchenmystiker des Mittelalters sagte: „… mein Auge und das Auge Gotte ist ein Auge – ein Sehen, ein Erkennen und ein Lieben." Für gläubige Christen ist es klar: Wir sind sein Werk. ER hält die Rechte an seiner Kunst und an allem, was daraus erwächst. Dadurch ist es sein Film und sein Erleben. ER ist in uns der ewige Zeuge und Zuschauer. ER fiebert mit uns, feiert unsere Erfolge und trauert über unsere Niederlagen. Sicherlich freut ER sich auch über die aktuelle Entwicklung des Ganzen, über das, was wir im Moment noch lapidar Evolution und Globalisierung nennen, denn es ist sein Erlebnisprojekt, was sich da ausbildet.
Vielleicht ähnelten die ersten Lebewesen auf unserem Planeten auch der Sonde „Opportunity“, lieferten nur einfache Bilder und primitive Eindrücke. Inzwischen machen wir hier auf der Erde miteinander „Programm“ und es gibt die verrücktesten Dinge zu erleben. Tief in uns tragen wir den göttlichen Plan zum Bau eines erlebnisreichen Paradieses und arbeiten es ab. Wir ordnen und sortieren, machen uns die Erde untertan, erschaffen einen gigantischen Kinosaal, immer paradiesischer. Ab und zu vielleicht mit einer kleinen Anweisung vom Architekten selbst, so wie sie auch Opportunity auf dem Mars erhält: “Schau doch mal hier und schau doch mal dort…“ Wir nennen das dann Intuition.
Wenn Menschen die Möglichkeiten hätten, unerreichbare Planeten mittels Sonden zu besiedeln, um sie so für uns erfahrbar zu machen, würden wir das sicherlich sofort tun. Die allerwichtigste Voraussetzung wäre jedoch, dass wir etwas davon hätten, also Rückmeldungen von dort bekämen, um am Erleben dieser „Geräte“ dort teilhaben zu können. Sollten wir es dann irgendwann schaffen, dass sich diese Apparate dort in der Ferne selbständig vermehren und weiter entwickeln und dann sogar selbst beginnen, miteinander „Programm“ zu machen und sich hinterher sogar selbst entsorgen würden (sterben), um Platz zu schaffen für neue, immer modernere Erlebnissysteme, hätten wir vielleicht in ein paar tausend Jahren genau den Zustand, den wir heute von unserem Heimatplaneten kennen: eine schier gigantische Erlebnisfülle und ein dafür notwendiges Sterben und Geboren werden sowie heftige Auseinandersetzungen um die besten Erlebnis-Strategien, blutige Kriege um die Vorherrschaft der besseren „Erlebnis-Sonden“.
So betrachtet stellt sich aber eine wichtige Frage: Wo findet unser Erleben wirklich statt? Wo sitzt der „Erleber“ unserer Erfahrungen? Die Vorstellung, dass das hinter unseren Augen in unseren Köpfen passiert, wird sich als genau so vergänglich erweisen, wie die Vorstellung der Erde als Scheibe. Wahrscheinlicher ist es, dass die Auswertung unserer „Filme“ gar nicht in unseren eigenen Körpern stattfindet und möglicherweise noch nicht einmal auf unserem Planeten?
Was hältst du denn davon, dass es vielleicht auf unserer Sonne passiert? Zweifelsohne gelangen unsere Gedankenwellen auf physikalische Weise beeinflussend dort hin. Unsere Erlebnisse brauchen nur ca. acht Minuten (Lichtgeschwindigkeit) oder sind gar möglicherweise schon sofort da, wenn die Theorie der Quantenverschränkung stimmt. Die Sonne ist ein brodelnder Prozessor, in dem unglaublich oft vieles „auf der Kippe“ steht, so dass es auch durch diese winzigen Energien unserer Gedanken beeinflussbar ist. Obwohl sie augenscheinlich so gigantisch und gewaltig daher kommt, ist sie doch untrennbar fest mit uns verbunden (wir sind Sonnenlicht) und vielleicht sogar ein richtiges „Sensibelchen“ – empfänglich für unsere winzigsten Gedanken und Emotionen, die durch die feuernden Neuronen in unseren Gehirnen entstehen. Umgekehrt beeinflusst sie uns natürlich auch durch ihr Licht, ihre tanzenden Magnetfelder und Massenauswürfe. Sie gestaltet so vielleicht unsere Pläne und Erlebnisse in der Zukunft. Es könnte doch sein, dass nachts, wenn wir schlafen, unser lokaler Arbeitsspeicher ausgelesen und geschaut wird, ob wir etwas Interessantes erlebt haben und ob es sich lohnt, bei dem einen oder anderen mal eine Live-Schaltung zu machen. Wäre ich erlebender Schöpfer, hätte ich sicherlich keine Lust und Zeit, mir andauernd alles anzuschauen. Das Meiste läuft doch sowieso automatisch.
Ich würde daher selektieren und meine Aufmerksamkeit auf die wirklich spannenden Dinge richten, die mich am meisten interessieren und vielleicht auch mal schauen, wo sich etwas in eine interessante Richtung lenken lässt. Jedes Lebewesen hat ein einzigartiges Erbmaterial, ist vielleicht über seine DNA-Antennen individuell zu erkennen und möglicherweise auch so persönlich ansprechbar (außer vielleicht das Klonschaf Dolly).
Zurück gäbe es bestimmt auch kleine Anweisungen vom „Initiator und Erleber des Kunstwerkes“ (Vorschläge, Wünsche, Sehnsüchte, Intuitionen usw.), um diesen Prozess noch erlebnisreicher zu gestalten und spannende Wege vorzugeben.
Vielleicht ist es sogar bei allen Sternen üblich, sich Planeten zu halten, auf denen ihr Erleben kinofilmmäßig stattfindet. Also, mich würde es wirklich nicht wundern, bestehen wir doch aus Sonnenlicht und Sternenstaub, und selbst in den Tanks unserer Automobile schwappt der „Sonnensaft“, der alles antreibt. Warum sollte also nicht auch unsere Beziehung zur Sonne in puncto Erleben viel enger sein, als wir es bislang für möglich hielten?
… und trotzdem: wenn dann dort oben tief im All irgendwann so ein hochkomplexer, inzwischen aus Biomaterie bestehender Erlebnis-Roboter atheistisch zu seinem Kollegen sagt: “Gott gibt es nicht, ist alles nur Evolution!“ wird er sicherlich genau so recht haben, wie ein ägyptischer Pharao, der behauptet, mit den Göttern in Verbindung zu stehen und eins mit ihnen zu sein. Wo sollten auch die Götter damals hingeschaut haben? Etwas Spektakuläreres, als einem Pharao oder Inka-König über die Schulter zu schauen, oder besser, durch die Augen zu blicken, gab es doch damals wirklich nicht - ganz, ganz großes Kino für diese Zeit!
Inzwischen dürfte sicherlich unser erwachsendes Kollektiv-Erleben die göttliche Aufmerksamkeit erregt haben. Ja, ich könnte mir durchaus vorstellen, dass in ein paar hundert Jahren möglicherweise komplette Galaxien miteinander flirten, wenn sie es nicht jetzt schon tun. Vielleicht kann unsere Sonne mit Ihrem Erlebnistrabanten „Erde“ noch nicht mitmachen, weil sie noch so jung ist?